Freitag, 4. September 2020
Istighofen. Erst seit Anfang Jahr führen Brigitte Schneider und Daniela Vincenz gemeinsam ein eigenes Atelier in Istighofen. Im Rahmen des Projekts «5ünfstern» gewähren sie am Wochenende Einblick in ihr Schaffen.
Laut rollt draussen der grosse Industriekran am Atelier von Brigitte Schneider und Daniela Vincenz vorbei. Die Arbeitsstätte der beiden Kunstschaffenden – ein Raum im Gebäude und ein überdachter Werkplatz im Freien – befindet sich auf dem Areal der Firma Elementwerk Istighofen. «Das Umfeld, das wir hier haben, ist für unsere Arbeit ideal», sagen sie. Denn ihre Arbeit, das Behauen von Stein, Beton und Holz, erzeugt Lärm und Staub. Im Industriegebiet stört das niemanden.
Die richtige Einstellung
Die Wege der beiden Frauen, die sich schon von früher her kannten, kreuzten sich bei einem Bildhauerkurs erneut. «Unser künstlerischer Stil ist zwar recht unterschiedlich, wir haben aber die gleiche Einstellung zu unserer Arbeit. Deshalb wussten wir, dass es mit einem gemeinsamen Atelier klappen wird», sagt Brigitte Schneider. Zu erklären, weshalb sie beide mit viel Leidenschaft zu klar strukturierten Zeiten diszipliniert und fokussiert an ihren Werken arbeiten, fällt den beiden schwer. «Man entscheidet nicht einfach, dass man Künstlerin wird. Es ist ein Drang, eine Gewissheit, die man in sich trägt. Und eines Tages getraut man sich, dies auszudrücken», sagt Daniela Vincenz.
Mit Farbe und Holz
Der Faszination, die ihre grossformatigen Portraitbilder an den Wänden des Ateliers auströmen, kann man sich nicht entziehen. Während Brigitte Schneider fast ausschliesslich Personen porträtiert, zu denen sie einen persönlichen Bezug hat, existieren die Personen in Daniela Vincenz’ Bildern nur in ihren Gedanken. Dadurch wirken sie distanziert und anonym, aber auch geheimnisvoll. Daniela Vincenz ist gelernte Goldschmiedin und hat sich bereits mit 25 Jahren selbstständig gemacht. Sie hat mit ihrem Mann mehrere Jahre in Dubai gelebt. Diese Zeit hat sie als Kunstmalerin geprägt. In Istighofen fertigt sie Skulpturen vorwiegend aus Holz. «Mit der Bildhauerei bin ich sozusagen wieder in die Dreidimensionalität der Goldschmiedekunst zurückgekehrt», sagt die 50-Jährige. Im Gegensatz zu den Werken von Brigitte Schneider bevorzugt Daniela Vincenz figürliche Darstellungen. In den Körperhaltungen und Gesichtern ihrer Werke spiegelt sich eine Fülle menschlicher Gefühle.
Gedanken in Stein gehauen
Brigitte Schneider ist seit 2012 selbstständige Bildhauerin. Vor einigen Jahren besuchte die 51-jährige Mutter von drei Kindern die Kunstfachklasse an der Bildhauerschule in Wigoltingen mit dem Ziel, ihre Kenntnisse der Dreidimensionalität zu vertiefen und in ihre Malerei einfliessen zu lassen. «Die Bildhauerei hat mich aber total in ihren Bann gezogen, sie beschäftigt mich Tag und Nacht», gesteht Brigitte Schneider. Ihre aktuellen Werke drehen sich um zwei grosse Themen. Das eine ist Kraft, die innere wie auch äussere, die sie in ihren Skulpturen aus Stein, Beton und Metall sichtbar macht. Das andere Thema nennt sie Gedankenstapel. «Mich interessieren Fragen wie: Warum sind wir, wie wir sind? Warum handeln wir so? Welcher Aufbau steckt dahinter?» Und so stapelt sie Gedanken auf Gedanken.
Hannelore Bruderer
Offenes Atelier
Im Projekt «5ünfstern» öffnen 240 Ostschweizer Künstlerinnen und Künstler in 90 Gemeinden in der Zeit vom 28. August bis 1. November ihre Ateliers. Das Atelier von Brigitte Schneider und Daniela Vincenz in Istighofen an der Wilerstrasse 1, Einfahrt B, ist morgen Samstag, 5. September, von 12 bis 20 Uhr und am Sonntag, 6. September, von 12 bis 17 Uhr geöffnet. (hab)