Freitag, 21. März 2025
Bürglen. Die Vorschläge des Bundes zur BTS (oder neu: N23) sorgen in Erlen und Sulgen gemäss einem Bericht in der Tageszeitung für Ernüchterung. «Was für die beiden AachThurLand-Gemeinden gilt, gilt für Bürglen auch», sagt dessen Gemeindepräsident Kilian Germann. «Nur verschärft.»
Bekanntlich sollen weder Erlen noch Sulgen und auch nicht Bürglen umfahren werden. Dies geht aus der Korridorstudie N23 hervor, die das Bundesamt für Strassen (ASTRA) im Dezember letzten Jahres veröffentlichte. Eine durchgehende Bodensee-Thurtal-Strasse, welche die Autobahn A7 ab Grüneck/Müllheim bis nach Arbon zur A1 verbindet, ist damit wahrscheinlich vom Tisch. Als Ersatz für die Umfahrungen sind verschiedene Massnahmen geplant, um die Verkehrslawine zu stoppen, die sich vor allem zu Stosszeiten durch die betroffenen Dörfer schiebt. Die Gemeindepräsidenten von Erlen und Sulgen, Thomas Bosshard respektive Andreas Opprecht, haben bereits ihre Skepsis in der «Thurgauer Zeitung» geäussert, ob diese Massnahmen Wirkung zeigen können.
Auf Anfrage sagt der Bürgler Gemeindepräsident Kilian Germann: «Was für Erlen und Sulgen gilt, gilt für Bürglen auch. Nur verschärft.»
Die Thurgauer Stimmberechtigten haben dem Bau einer durchgehenden BTS bereits 2012 zugestimmt. Seitdem wurde viel geplant und viel Geld ausgegeben (rund 13,5 Millionen Franken). Nicht umsonst, wie zu lesen war. Denn die Daten aus dem Thurgau stellen eine wichtige Grundlage für die Planung des ASTRA dar. 2019 hat der Kanton das Projekt übergeben in der Erwartung, dass sein Vorhaben im nächsten Strategischen Entwicklungsprogramm Nationalstrassen (STEP) berücksichtigt wird. Was bekanntlich nicht funktionierte. Parallel dazu erarbeitete das ASTRA die sogenannte Korridorstudie N23. Dazu lud das Amt Vertreter des Kantons und Regionalplanungsgruppen, die beteiligten Gemeinden sowie verschiedene IGs zur Mitsprache ein. Ab 2023 fanden insgesamt drei Foren statt.
Zuversicht wich Frust
An diesen Zusammenkünften wurden sieben verschiedene Varianten diskutiert, erinnert sich Gemeindepräsident Germann. In sechs von diesen sieben Varianten sei eine Umfahrung von Bürglen enthalten gewesen. Dementsprechend zuversichtlich sei seine Haltung während der Meetings gewesen. Er habe eingebracht, dass aus seiner Sicht ein Gesamtprojekt zielführend sei, kein Flickwerk. Als das ASTRA kurz vor Weihnachten des vergangenen Jahres seine Wahl veröffentlichte, sei er aus allen Wolken gefallen. «Dass unsere Gemeinde am Ende die grosse Verliererin sein wird, damit hatte ich absolut nicht gerechnet. Der Verkehr wird weiterhin mitten durchs Dorf führen, wo sich am Kreisel zwei viel befahrene Achsen treffen.»
In der Tat trifft sich am Bürgler Kreisel der Verkehr der Achsen Wil–Kreuzlingen und Weinfelden–Amriswil. Laut kantonaler Strassenverkehrszählung fahren über 22 000 Fahrzeuge pro Tag über diesen Kreisel. Der Verkehr staut sich im Dorf; er bringt Dreck und Lärm. Wie seine beiden Amtskollegen aus Erlen und Sulgen glaubt auch Kilian Germann nicht, dass bauliche Massnahmen wie Ampeln oder abgetrennte Abzweigungsspuren, sogenannte Bypässe, oder die Aufwertung des Langsamverkehrs und Verbesserung des ÖVs das Dorf entlasten können. «Für einen Bypass ist hier kein Platz und der Nutzen eines Lichtsignals erschliesst sich mir nicht – ausser vielleicht, um schon vor dem Kreisel zu stauen. Doch das ist auch keine Lösung.» Dass sich Autofahrer durch ausgebaute Velowege beeinflussen lassen, glaubt er ebenso wenig. Die Statistik gibt ihm recht: Laut dieser sind der Thurgau und St. Gallen Autokantone und die einzigen Kantone, in denen der Anteil des motorisierten Individualverkehrs seit 2019 gestiegen und nicht zurückgegangen ist. Es werde also in Zukunft mehr Stau geben, befürchtet Germann.
Wie in Erlen habe man in Bürglen die ganze Zeit mit einer Umfahrung gerechnet. Kommt sie nicht, dann stehe man zudem vor einer speziellen Situation: «Der Verkehr könnte sich auf die kleinen Dorfstrassen verlagern, was insbesondere für Kinder, Velos und Spaziergänger gefährlich werden dürfte.» Laut Plänen des Bundesamtes entlastet der Ottenbergtunnel Weinfelden. Wer aus dem Tunnel kommt und angezeigt bekommt, dass sich der Verkehr in Bürglen staut, werde dazu verleitet, über Mauren und Leimbach auszuweichen – auf Strassen, die für diesen Verkehr nicht gebaut wurden.
Die Meinung des Bürgler Gemeindepräsidenten bleibt darum: «Für uns ist eine Umfahrung die beste Lösung.» Seine Hoffnungen setzt er in Regierungsrat Dominik Diezi, der bereits öffentlich bekräftigte, sich nochmals beim Bundesamt für die verkehrsgeplagten Gemeinden stark zu machen. Und dass das ASTRA sich die Situation nochmals anschaut.
BTS nicht torpedieren
Was Germann nicht will, ist das Projekt als Gesamtes schlecht zu reden oder zu torpedieren. Er findet es richtig, die Zentren Weinfelden und Amriswil zu entlasten. Es ist ihm darum wichtig, dass der Thurgau in diesem Thema nicht als zerstritten wahrgenommen wird, wenn die BTS/N23 im nächsten STEP verhandelt wird. Der Bundesrat wird dieses voraussichtlich im Frühling 2026 in die Vernehmlassung schicken.
Pressekonferenz: Während die Gemeinden Bürglen, Erlen und Sulgen wenig begeistert sind, haben die neuen Pläne des ASTRA auch Befürworter. Anfang April findet eine Pressekonferenz statt, an der Vertreterinnen von SP, VCS Thurgau, Pro Velo Thurgau und weitere die Entscheidung des ASTRA verteidigen. Im Besonderen wollen die Veranstalter auf die geplanten Massnahmen eingehen. Man darf also gespannt sein.
Stefan Böker