Freitag, 21 Februar 2025

Kradolf-Schönenberg. In der Gemeinde helfen Privatpersonen Kindern im Vorschulalter auf spielerische Weise beim Erlernen der deutschen Sprache. Die Integration der Mädchen und Buben aus fremdsprachigem Elternhaus soll dadurch erleichtert und beschleunigt werden.

Was vor wenigen Jahrzehnten schwer vorstellbar war, ist heute Realität: Kinder ausländischer Eltern beherrschen beim Schuleintritt die deutsche Sprache kaum oder gar nicht. Es sind nicht einige wenige Mädchen und Buben, sondern viele – Tendenz steigend. Eine zweckdienliche Teilnahme am Unterricht ist unter solchen Voraussetzungen nahezu unmöglich. Die Politik hat auf diese Entwick-lung reagiert und die vorschulische Sprachförderung im Vorjahr zum Obligatorium erklärt. Der Gemeinde Kradolf-Schönenberg kommt nun zugute, dass sie schon vor vier Jahren ein Projekt lanciert hat, bei dem sich erwachsene Privatpersonen regelmässig mit Kindern beschäftigen, um sie auf spielerische Weise, zum Beispiel durch gemeinsames Basteln, in die deutsche Sprache einzuführen.

Eltern und Kind unterstützen
«Wir suchten damals für ein Kindergartenmädchen, dessen Familie wir im Asylbereich unterstützten, eine Hilfe, um die DAZ-Hausaufgaben zu erledigen», erklärt Sonja Schürch-Gysel, bis vor kurzem Leiterin der Sozialen Dienste in der Gemeinde Kradolf-Schönenberg. Die Abkürzung DAZ steht für «Deutsch für Zweisprachige», und bei den Aufgaben handelt es sich hauptsächlich um solche in Spielform. «Die Eltern konnten aufgrund der eigenen schlechten Deutschkenntnisse nicht mit ihrem Kind üben», führt Sonja Schürch-Gysel weiter aus.

Suche im Mitteilungsblatt
Zu Beginn wurden mittels Ausschreibung im kommunalen Mitteilungsblatt Privatpersonen gesucht, die sich als Lernhilfen engagieren wollten. Die Erwartungen bezüglich des Interesses an der Aufgabe wurden übertroffen, wie Sonja Schürch-Gysel sagt. Es hätten sich viele Leute gemeldet und diese personellen Ressourcen habe man nutzen wollen. «Ich war mir sicher, dass es im Kindergarten noch mehr Mädchen und Buben gibt, die davon profitieren könnten.» Und so war es dann auch. In Kooperation mit der Schule kamen verschiedene Paarungen zustande. Bis heute insgesamt zwölf, aktuell aber nur noch deren zwei.
Die einstündigen Treffen finden einmal pro Woche statt – entweder beim Kind zuhause, was ideal wäre, damit die Eltern das Geschehen mitverfolgen können, oder, wenn das nicht möglich ist, in einem Zimmer des Schönenberger Schulhauses.
Aufgrund der Zusammenarbeit mit Kindern wird von den Lernhilfen ein Sonderprivatauszug verlangt und zwischen den Eltern und jenen Personen, die sich für diese Aufgabe zur Verfügung stellen, eine schriftliche Vereinbarung abgeschlossen. Eine Kopie dieses Dokuments erhält die Gemeinde. «In der Regel werden die Lernhilfen direkt durch die Eltern mit einem symbo­lischen Beitrag von zehn Franken pro Stunde entschädigt», erklärt Sonja Schürch-Gysel.

Gute Kontakte entstanden
Befragt nach der vorläufigen Bilanz, sagt die ehemalige Leiterin der Sozialen Dienste: «Den Nutzen des Projekts exakt zu beurteilen, ist schwierig. Ich weiss aber, dass die Kinder das Angebot sehr gerne in Anspruch genommen haben und dadurch auch gute Kontakte entstanden sind.»
Die derzeit geringe Nachfrage bedeutet nach den Worten von Gemeindepräsident Heinz Keller nicht, dass das Projekt demnächst auslaufen wird: «Solange ein Bedürfnis besteht, machen wir weiter.» Keller verweist darauf, dass es im Rahmen des Vorschulischen Sprachobligatoriums mit Spielgruppen wie zum Beispiel dem «Zwucktreff» im Kradolfer Bahnhofgebäude und dem von der Volksschulgemeinde Region Sulgen sowie den Politischen Gemeinden Sulgen und Kradolf-Schönenberg betriebenen «Murmelhaus» weitere Angebote für Kinder im Vorschulalter gebe.
Als störend empfindet Keller einzig die vom Bundesgericht beschlossene Ungleichbehandlung der Familien im Rahmen der vorschulischen Sprachförde-rung. Kinder, die einen solchen Kinderhort aufgrund ihrer mangelnden oder fehlenden Sprachkenntnisse besuchen müssen, dürften das gratis tun, für alle anderen sei die Teilnahme hingegen kostenpflichtig, kritisiert Keller.

Georg Stelzner