Freitag, 9. September 2022
Riedt. Noch hat die Hochsaison des Mostens nicht begonnen, doch auch in der Vorsaison gibt es für Ruth und Erwin Peter schon einiges zu tun. Ihre Kundenmosterei betreiben sie seit 40 Jahren.
Nebst einem Kleinstauftrag, der einen Harass Äpfel und einen Harass Birnen umfasst, steht auch ein Anhänger mit einer grösseren Menge Äpfel zum Mosten bereit. Diese kippt Erwin Peter in die grosse Einfüllwanne im Freien, wo die Äpfel erst gewaschen und dann über eine Förderschnecke in den Raum über der Mosterei befördert werden. Ruth Peter nimmt derweilen am Telefon einen nächsten Auftrag entgegen.
Liebe auf den ersten Blick
Seit 1982 betreibt die Familie Peter in Oberriedt eine Kundenmosterei. Freude am Mosten habe er schon immer gehabt, sagt Erwin Peter. «Ich habe früher in der Mosterei beim Restaurant Traube in Riedt mitgeholfen und mir dann eine eigene kleine Obstpresse angeschafft.» In eigener Regie baute er den früheren Wagenschopf seines Betriebes zur Kundenmosterei aus. Der ganze Raum ist mit leicht zu reinigenden Materialien wie Polyester und Chromstahl ausgekleidet. Beim Mosten, bei dem ein hochwertiges Lebensmittel hergestellt wird, sei Sauberkeit unabdingbar, erklärt Peter. Effizient und kräftesparend hat er auch seine Arbeitsabläufe gestaltet. Grössere Obstmengen werden mit dem Gabelstapler transportiert, kleinere Gebinde mit dem Handhubwagen. Die Bandpresse, die heute in der Kundenmosterei steht, sieht aus wie neu, hat aber auch schon knapp drei Jahrzehnte auf dem Buckel. Sie ist Erwin Peters ganzer Stolz. Beim Erzählen, wie er diese Obstpresse erstanden hat, leuchten seine Augen noch wie damals, als er sie an einer Messe in Stuttgart das erste Mal erblickte. Das System, bei dem das zerkleinerte Obst durch Walzen zwischen zwei Bändern ausgepresst wird, faszinierte ihn sogleich. Bei der Bandpresse entfällt das Einlegen von Presstüchern, wie es Erwin Peter von seinen bisherigen Packpressen her kannte. Zwischen den Mostvorgängen werden die Bänder automatisch gereinigt.
Die Investition in eine neue Bandpresse, die eine hohe, fünfstellige Summe kostete, musste gut überlegt sein. «Die Sache liess mir aber keine Ruhe. Bevor ich mich definitiv zum Kauf entschied, reiste ich noch nach Darmstadt, um dieses Obstpressenmodell im Einsatz zu sehen. An Weihnachten wurde die Presse dann bei uns angeliefert.» Dieses Herzstück seiner Anlage pflegt Erwin Peter regelmässig und hat es auch schon einer grossen Revision unterzogen. Einmal eingestellt, läuft der Mostvorgang so gut wie automatisch. Ein Sensor regelt die Zufuhr des Obstes in die Presse. Auf einem Bildschirm sieht der Mostmeister die Restmenge, die noch zu mosten ist. Der Trester, das Abfallprodukt beim Mosten, dient als Viehfutter. Das Land ihres eigenen Obstbaubetriebs hat die Familie Peter schon früh verpachtet. «Die Pflege der Bäume und die Obsternte ist nebst meiner Arbeit als Postautochauffeur und dem Mosten irgendwann einfach zu viel geworden», sagt Erwin Peter. Der heute 78-Jährige war 29 Jahre lang mit dem Postauto unterwegs. Diese Arbeit habe es ihm ermöglicht, dass er mehrere Freitage im Herbst einziehen konnte und so Zeit zum Mosten hatte.
Familie hilft mit
In ihren Spitzenjahren produzierten Erwin und Ruth Peter 240 000 Liter Most. «Das war eine strenge Saison. Sie liess mir fast keine Zeit zum Kochen, so dass wir unser Essen sogar einige Male im Restaurant bestellen mussten», blickt Ruth Peter lachend zurück. Heute sei die Mostmenge deutlich kleiner, so um die 170 000 bis 180 000 Liter, je nachdem, wie die Ernte ausfalle. Auch das ist viel, bedenkt man, dass bei Peter auch oft Kleinstmengen angeliefert werden, die ebenso einen separaten Mostvorgang benötigen wie grössere Mengen. «Die Hauptsaison zu bewältigen, wäre für uns zwei nicht machbar ohne die Hilfe unseres Schwiegersohns und unserer Tochter, die mit ihren drei Kindern im Haus nebenan wohnen und immer einspringen, wenn wir sie benötigen», sagt Ruth Peter.
Fast nur noch pasteurisiert
Sie ist in diesem eingespielten Familienteam für das Pasteurisieren des goldgelben Saftes zuständig. Die Anlage dazu schaffte sich das Paar im Jahr 1992 an. Über einen Wärmetauscher wird der Most auf 80 Grad erhitzt und in einen Tank geleitet. Zum Absetzen der Trübstoffe wird ein gelatinefreies Mittel verwendet. «Heute verlangen fast alle Kunden pasteurisierten Most. Im Gegensatz zu grossen Mostereien produzieren wir immer frisch und nicht aus Konzentrat», sagt sie. Auch das Abfüllen haben die beiden über die Jahre vereinfacht. Musste früher alles auf die Waage gelegt und von Hand verschlossen werden, so geschieht die Befüllung der Flaschen oder Säcke heute automatisch. Dass Ruth und Erwin Peter schon seit mehreren Jahren pensioniert sind, sieht man ihnen nicht an. Nebst der körperlichen Arbeit halten sie sich mit E-Bike-Fahren fit. «Wir fahren im Jahr gut 15 000 Kilometer», sagt Ruth Peter.
Hannelore Bruderer