Freitag, 12. Oktober 2018
Erlen. Die Schule Erlen führt mit dem Samariterverein erstmals das Wahlfach Erste Hilfe durch. Mit Theorie, Übungen und Fallbeispielen tauchen die 3.-Sek-Schüler tief in die Thematik ein.
In gut zwei Stunden beginnen für das Dutzend Schülerinnen und Schüler der dritten Oberstufe der Schule Erlen die Herbstferien. Kein Wunder sind sie aufgekratzt und können es kaum erwarten, das Schulzimmer zu verlassen. Dennoch braucht es nur wenige Worte von Andreas Zbinden, dem Kursleiter des Samaritervereins Erlen und Umgebung, bis er die volle Aufmerksamkeit der Jugendlichen hat, denn das heutige Kursthema heisst Reanimation.
Kurs geht in die Tiefe
Andras Zbinden und Martina Hollenstein leiten den Erste-Hilfe-Kurs, den die Schule Erlen ihren Schülern im Rahmen eines Wahlfaches anbietet. Dafür interessiert hatten sich ursprünglich mehr als die zwölf anwesenden Schülerinnen und Schüler. Da das Wahlfach auch den Nothilfekurs umfasst, der zum Erlangen des Führerscheins obligatorisch ist, ist die Teilnehmerzahl jedoch beschränkt. «Wir führen den Erste-Hilfe-Kurs an der Schule Erlen in dieser Form zum ersten Mal durch. Der Inhalt des Kurses geht weit über das hinaus, was man im Nothilfekurs lernt. So behandeln wir auch Themen wie Sportverletzungen, Verbrennungen, Lagerung und Transport», sagt Andreas Zbinden. Ziel des Kurses ist, das Wissen der Jugendlichen um die Thematik Erste Hilfe zu fördern. Andreas Zbinden denkt aber auch schon weiter. Er hofft, dass sich aus diesen Anfängen ein eigentliches Schulsanitäterprojekt entwickeln lässt, aus dem Jugendliche hervorgehen, die dann zum Beispiel auf dem Pausenplatz als «kleine Samariter» zum Einsatz kommen. Um zu zeigen, wie die Herzdruckmassage und die Beatmung richtig angewendet werden, haben die Samariter im Flur vier Puppen hingelegt. Während die einen noch etwas zögerlich ans Werk gehen, packen die anderen entschlossen zu. Bei einem Herzstillstand zählt jede Sekunde. Damit man in einer solchen Situation das Richtige tut, muss es geübt werden. Immer wieder setzen die Kursteilnehmenden von Neuem an, korrigieren ihren Rhythmus, zählen bis dreissig. Klappt das gut, dürfen die Schüler das Erlernte noch an einer ganz speziellen Puppe üben. Diese ist so ausgestattet, dass bei entsprechendem Druck die Blutbahnen zu leuchten beginnen. Wird die Herzdruckmassage optimal ausgeführt, zeigt die Puppe an, dass auch das Gehirn durchblutet wird. Nach der manuellen Wiederbelebung üben die Jugendlichen den Einsatz des Defibrillators.
Verschiedene Beweggründe
Larissa Krüse hat sich für dieses Wahlfach entschieden, weil sie sich für eine Lehre als Medizinische Praxisassistentin interessierte. «Nun mache ich zwar eine kaufmännische Lehre, Gesundheit finde ich aber immer noch ein spannendes Themenfeld. Vielleicht mache ich später einmal ein Studium in diese Richtung», sagt sie. Bei Carina Brändle ist der Berufswunsch Medizinische Praxisassistenin aktuell. «Helfen ist wichtig», sagt sie, «und den Besuch des Kurses kann ich in meinen Bewerbungsunterlagen vermerken.» Der integrierte Nothelferkurs war für Nicolas Sonderegger der Anreiz zu diesem Wahlfach. «Jetzt lerne ich hier einiges mehr und das ist gut. So könnte ich meiner Familie oder Freunden in einer Notsituation helfen.» Nach der praktischen Anwendung kehren die Schülerinnen und Schüler wieder ins Klassenzimmer zurück, um die Theorie zu repetieren. Kursleiterin Martina Hollenstein verabschiedet sich früher. Nur wenige Minuten später stürmt sie völlig aufgelöst wieder ins Schulzimmer. «Ich habe beim Wegfahren eine Motorradfahrerin angefahren. Sie liegt bewusstlos auf dem Pausenplatz. Bitte helft mir!», sprudelt es aus ihr heraus. Zügig, aber nicht überhastet, begibt sich die Gruppe zum Umfallort. Die Szene ist täuschend echt gestellt. Die jungen Helfer gehen nach dem Schema vor, das sie bereits gelernt haben. Sie setzen einen Notruf ab, sichern den Unfallort, bringen die Verletzte in die richtige Lage, geben der eintreffenden Polizei und den Samaritern Auskunft. Nur eines haben sie in der Hektik vergessen – sich um die schockierte Autofahrerin zu kümmern. Bei der nächsten Übung werden sie auch daran denken.
Abwechslung motiviert
Fallbeispiele sind eine gute Möglichkeit für die Kursteilnehmenden, das Gelernte umzusetzen und zu verinnerlichen. «Wir gestalten den Kurs so, dass er abwechslungsreich ist. Er findet deshalb auch nicht immer im Schulzimmer statt. Im Sommer waren wir in der Badi und um die Blaulichtorganisationen kennenzulernen, besuchten wir die Feuerwehr und den Rettungsdienst», sagt Andreas Zbinden. Die Samariter vermitteln das ernste Thema der Ersten Hilfe auch mit einer Prise Humor. Sie schaffen so eine lockere, motivierende Atmosphäre, in der es leichter fällt, anfängliche Scheu und Hemmungen abzubauen. «Nur nichts tun ist falsch», erinnert Andreas Zbinden die jungen Helfer an den Grundsatz der Ersten Hilfe. Dann verlassen alle den «Unfallort» auf dem Pausenplatz. Während die Samariter ihre Hilfsmittel zusammenräumen, verstauen die Jugendlichen im Schulzimmer ihre Schulsachen. Dann verabschieden sie sich in die Ferien.
Hannelore Bruderer