Freitag, 17. März 2023
Sulgen. Die Burgmer Geflügelzucht AG hat ihren Sitz vor zwei Jahren von Weinfelden nach Sulgen verlegt. Seither werden die Aufzucht und der Verkauf junger Legehennen vom Firmengelände an der Auholzstrasse aus organisiert und koordiniert.
Säumten nicht ein überlebensgrosser Hahn und eine Henne von gleicher Dimension die Strasse am westlichen Dorfrand, würden wohl nur wenige Passanten von den zwei Gebäuden im Hintergrund Notiz nehmen. Die beiden Eisenskulpturen geben zusammen mit der Leuchtreklame an der Hausfassade einen Hinweis darauf, in welcher Branche das Unternehmen tätig ist. Doch wie funktioniert ein Betrieb, welcher sich der Geflügelzucht verschrieben hat? Stefan Schmid, Vorsitzender der Geschäftsleitung, beantwortet für den «Neuen Anzeiger» Fragen, die sich wohl schon viele Sulgerinnen und Sulger gestellt haben.
Aufzucht bei Landwirten
Die Annahme, dass an der Auholzstrasse Tausende Küken das Licht der Welt erblicken und hier aufwachsen, entspricht schon einmal nicht der Realität. Zwar leben auch hier vorübergehend einige Hundert Hennen, doch stellt Sulgen für diese Tiere nur eine Art Zwischenstation dar. Es handelt sich um Hennen ohne fixen Planungsplatz, also gewissermassen um überzählige Tiere. Sie werden nach einem kurzen Aufenthalt an Landwirte mit geringem Bedarf und an Privatpersonen verkauft. Vor diesem Hintergrund erklärt sich der Umstand, dass die Umgebung von Geruchs- und Lärmemissionen weitestgehend verschont bleibt. Doch wie funktioniert nun das Geschäftsmodell der Firma Burgmer? «Wir arbeiten mit rund 30 Bauernfamilien zusammen, die in unserem Auftrag Legehennen aufziehen», erklärt Stefan Schmid. Die frisch geschlüpften Küken stammen von einer der beiden in der Schweiz ansässigen Brütereien. Für Fachleute und interessierte Laien: Es handelt sich um die Rassen Lohmann LSL-Classic, Lohmann Sandy, Lohmann Brown-Classic und Black. Die Lebensdauer einer Legehenne beträgt eineinhalb Jahre; das ist nicht viel, aber doch wesentlich mehr als bei Masthühnern. Aufgrund der Vogelgrippe dürfen sich Hühner derzeit nicht im Freien aufhalten. Der firmeneigene Produktionsleiter überwacht laut Schmid die Einhaltung der Gesetze während der 18 Wochen dauernden Aufzucht, zum Beispiel im Hinblick auf die Einhaltung der Hygienevorschriften und bezüglich der Impfpläne. Ebenfalls zum Aufgabenbereich der Firma Burgmer gehört der Transport vom Aufzuchtbetrieb zum Legehennenbetrieb. Dafür stehen eigene Lastwagen zur Verfügung.
700 000 Hennen pro Jahr
«Als unsere Kernaufgabe erachten wir es, den Kunden gesunde Tiere zu liefern», betont der Vorsitzende der Geschäftsleitung. Die Junghennen wachsen deshalb in modernen Mehretagensystemen mit Aussenklimazonen heran. Pro Jahr sind das 700 000 Tiere. Ein vom Unternehmen erarbeitetes Hygienekonzept bietet Gewähr, dass nicht nur die Anforderungen der Kunden erfüllt, sondern gemäss Firmenprospekt auch die gesetzlichen Vorschriften «bei Weitem übertroffen» werden. Die Liebe zum Tier und die Freude an der Arbeit hätten oberste Priorität, betont Schmid. Verstösse oder Missstände könne man sich in dieser Branche nicht leisten. Apropos Liebe zum Tier: Was geschieht mit den männlichen Tieren, die naturgemäss nicht imstande sind, die Konsumenten mit Eiern zu versorgen? Schmid räumt ein, dass diesen Küken kein langes Leben beschieden ist. Der Existenz dieser Tiere werde durch die Zuführung von CO2 (Kohlenstoffdioxid) ein rasches, vergleichsweise humanes Ende bereitet. In der Folge fänden die toten Küken zum Teil als Futter für andere Tiere eine sinnvolle Verwendung. Das Schreddern sei hierzulande seit drei Jahrzehnten verboten, und ab 1. Januar 2026 dürften männliche Küken von Schweizer Bio-Betrieben gar nicht mehr getötet werden, erklärt Schmid. Zudem mache die Forschung hinsichtlich der Früherkennung des Geschlechts im Ei zusehends Fortschritte, sodass vielleicht schon in ein, zwei Jahren eine entsprechende Methode zur Anwendung kommen könne.
Georg Stelzner
Die Firma Burgmer Geflügelzucht im Porträt
Die Burgmer Geflügelzucht AG wurde 1949 gegründet und hatte ihren Sitz bis Ende Februar 2021 in Weinfelden. Dort stehen weiterhin Ställe zur Verfügung. Die Verwaltung und Administration, der Fuhrpark für die Lastwagen, die Waschanlage für die Transportboxen sowie ein Stall für die Hennen ohne Planungsplatz, die sogenannten Detailhandelshühner, befinden sich an der Auholzstrasse in Sulgen. Hier beschäftigt die Firma zehn Personen. Eine Vergrösserung des Betriebs ist aktuell kein Thema. Die Geschäftsleitung geht davon aus, dass die heutigen Anlagen und Einrichtungen in den nächsten 20 Jahren genügen werden. Ausser der Burgmer Geflügelzucht AG gibt es in der Schweiz fünf weitere Betriebe dieser Art. Das Thurgauer Unternehmen ist landesweit die Nummer zwei. Für 2024 ist aus Anlass des 75-jährigen Bestehens der Firma ein Fest für die Aufzüchter und Kunden sowie die Bevölkerung geplant. (st)