Freitag, 19. Juli 2019

Bürglen. Silvia Hutterli kann auf ein erfülltes Leben zurückblicken. Trotz etlicher Schicksalsschläge hat die 82-jährige Frohnatur nie gehadert und ist immer noch voller Tatendrang.

Silvia Hutterli ist eine wahre Frohnatur. Stets hat sie für ihr Gegenüber ein liebes Wort oder ein freundliches Lächeln parat. Dazu ist die 82-jährige Seniorin voller Tatendrang. Einfach die Füsse hochzulegen und die wohlverdiente Pension zu ge­niessen, entspricht nicht Silvia Hutterlis Naturell. Im Gegenteil – noch immer unterrichtet sie im Gartenhaus hinter ihrem Wohnhaus rund 85 Personen im Zitherspielen und hat damit schon eine Bekanntheit weit über die Kantonsgrenze hinaus erlangt. 

Leidenschaft früh geweckt
Geboren und aufgewachsen ist Silvia Hutterli mit einer Schwester und vier Brüdern in Leimbach. «Mein Vater arbeitete als Färbemeister in der SUN, meine Mutter war Hausfrau», erklärt sie. Die Leidenschaft für die Musik erwachte in Silvia Hutterli schon früh. Als 12-jähriges Mädchen erlernte sie das Spielen der diatonischen Handharmonika und war begeistertes Mitglied des Handharmonikaorchesters Riedt-Sulgen. «Wir gaben jeweils in der Helvetia Konzerte. Heute gibt es das Orchester aber nicht mehr», sagt sie. Auf eine Berufslehre hat Silvia Hutterli, da das damals eine kostspielige Angelegenheit war, zugunsten ihrer vielen Brüder verzichtet. Stattdessen verrichtete sie in der Färberei Schnitt-, Näh- und Vorbereitungsarbeiten. Bereits als 20-Jährige heiratete sie ihren Noldi, den sie bei der Arbeit in der Färberei kennen und lieben gelernt hatte. «Wir heirateten so früh, da seine Mutter auf Pflege angewiesen war und ich so einziehen konnte», erklärt Silvia Hutterli. Schon bald wurden dem Paar drei Söhne geschenkt. Zudem nahmen Silvia und Noldi Hutterli zwei ­Pflegetöchter bei sich auf, die nach Schicksalsschlägen ein neues Zuhause benötigten. «Wir waren Gotti und Götti der beiden Mädchen. Damals hatte das eine andere Bedeutung als heute», erklärt sie. Keinesfalls sei es nur eine Pflicht gewesen, die Kinder bei sich aufzunehmen. «Wir haben das gerne gemacht. Zudem bekamen unsere Jungen zwei Schwestern», fügt sie lachend hinzu. 

Interessiert bleiben
Mittlerweile ist Silvia Hutterli neunfache Gross- und siebenfache Urgrossmutter. Die Familie bedeutet ihr viel. Besonders, als ihr Mann Noldi vor knapp drei Jahren verstarb, war sie ihr eine grosse Stütze. Noldi arbeitete als Strassenwart beim Tiefbauamt, während sich Silvia Hutterli zuhause um Familie und Haushalt kümmerte. Dazu gehörten auch das Versorgen von Ziegen, Schweinen und Kälbli sowie das Bestellen des Gartens. «Wir waren Selbstversorger. Bei nur einem Gehalt und so vielen Kindern war das notwendig», erklärt sie. Nebenbei blieb der umtriebigen Frau noch Gelegenheit, sich in der Kirche zu engagieren. «Ich war erst die dritte Frau, die in die Vorsteherschaft gewählt wurde», erzählt sie nicht ohne Stolz. Später stand sie zudem dem Suppentagteam vor. Unterstützt wurde sie in all den Jahren von ihrem Ehemann Noldi. Das galt auch für die «Gartehüsler» – einer weiteren Leidenschaft von Silvia Hutterli. An einer Instrumentenbörse in Bürglen entdeckte Silvia Hutterli erstmals eine Zither. «Das ist ja wie bei der Handorgel. Ich kann Melodien spielen und mich gleichzeitig selber begleiten», dachte sie sich. Kurzum besuchte sie einen Kurs beim Eglisauer Wilfried Müller und konzertierte danach bei verschiedenen Anlässen. Darauf wurde sie immer wieder von Leuten angesprochen, die auch Zither spielen wollten und sie begann, selber zu unterrichten. «Ich wollte damit nie Geld verdienen. Mir ist vor allem wichtig, dass das Zitherspielen weiterlebt», erklärt sie. Mittlerweile bestehen die «Gartehüsler» seit zwanzig Jahren und geben am 19. April 2020 in der Mehrzweckhalle ein Jubiläumskonzert. Ans Aufhören denkt Silvia Hutterli noch lange nicht. «Mein Vater wurde 94 Jahre alt, ich habe gute Gene», sagt sie augenzwinkernd. Die Gene alleine sind aber sicher nicht ausschlaggebend für Silvia Hutterlis bemerkenswert gute Gesundheit und ihre Agilität. Neuem hat sie sich nie verschlossen. Sie ist im Besitz eines Handys und checkt täglich ihre Mails auf dem Laptop. «Ich empfehle allen Senioren, Dinge zu tun, die sie fordern und Kontakte zu anderen Menschen zu pflegen», sagt sie. 

Monika Wick