Freitag, 13. September 2019

Erlen. Thomas Bosshard wurde von den Stimmbürgern mit einem Glanzresultat zum neuen Gemeindepräsidenten gewählt. Nach rund 100 Tagen im Amt zieht er eine erste positive Bilanz. 

Seit Ihrem Amtsantritt sind rund 100 Tage verstrichen. Fühlen Sie sich wohl in ihrer neuen Rolle? 

Thomas Bosshard: Ja, es gefällt mir sehr gut, wir sind ein gutes Team. Mein Vorteil ist, dass ich alle Gemeinderäte und Mitarbeitenden vorher schon gekannt habe. Allen, die diesen Vorteil nicht haben, und mit einem Kaltstart ihr neues Amt angetreten haben, zolle ich grossen Respekt. 

Wann hatten Sie Ihren ersten öffentlichen Auftritt als Gemeindepräsident und wie ist der verlaufen? 

Bosshard: Das war der Landwirtschafts-Apéro. Ein sehr guter und aus meiner Sicht notwendiger Anlass, bei dem sich die Landwirte und die Mitglieder des Gemeinderats besser kennengelernt haben. Der Anlass ist schon vor meinem Amtsantritt aufgegleist worden. Die Idee ist aus dem Gewerbe-Apéro entstanden, den Erlen schon länger kennt. 

Erlen hat das Geschäftsleitungsmodell. Das ganze operative Geschäft ist bei der Verwaltung angesiedelt, für deren Führung Sie verantwortlich sind. Welchen Führungsstil pflegen Sie und wie ist Ihr Verhältnis zu den Angestellten?  

Bosshard: Ich würde meinen Führungsstil als kollegial-kooperativ bezeichnen. Gespräche führe ich direkt und offen. Das erwarte ich auf von meinen Mitarbeitern. Aus meiner Berufserfahrung heraus bin ich ein Prozessmensch, der gerne mit Zielsetzungen führt. Das möchte ich bei den Mitarbeitenden auch einführen. Zuerst müssen dafür jedoch alle Prozesse erfasst und bereits vorhandene aktuell dokumentiert werden, und zwar so, dass damit gearbeitet werden kann und nicht, damit sie einfach erfasst sind. Eine meiner persönlichen Zielsetzungen für dieses Jahr betrifft ein Versprechen an die Rechnungsprüfungskommission. Unser internes Kontrollsystem ist zwar erarbeitet, muss aber noch offiziell kommuniziert und ins Management-System integriert werden. 

Als langjähriges Mitglied des Gemeinderats haben Sie die strategische Ausrichtung von Erlen mitgeprägt. Gibt es Geschäfte, die seit Ihrem Amtsantritt bereits zum Abschluss kamen? 

Bosshard: Ein grösseres Geschäft, das nun umgesetzt ist, ist das Projekt «Familienergänzende Betreuung» mit dem Auftritt unter dem Namen colori. Dann musste sich auch der Gemeinderat durch die Reduktion von sieben auf fünf Mitglieder neu konstitutionieren als zweiten Teil der Umsetzung des Geschäftsleitungsmodells von 2015. Dies war bereits gut vorbereitet, bei der Umsetzung gab es noch kleinere Anpassungen bei der Aufgabenverteilung.

Und welche Projekte sind am Laufen oder werden in Kürze in Angriff genommen? 

Bosshard: Das ganze Thema Umwelt, für das wir im letzten Jahr ein Umweltkonzept verabschiedet haben und für welches wir an der letzten Gemeindeversammlung vom Gewinn 400 000 Franken zurückgestellt haben, wird jetzt im Budget 2020 aufgegleist. In unserer Strategieklausur im November werden wir dafür konkrete Projekte festlegen. Seit Längerem in Arbeit ist die Ortsplanungsrevision, die sich aufgrund von Einsprachenverhandlungen verzögert. Statt wie vorgesehen diesen Herbst, werden wir die Ortsplanungsrevision den Stimmbürgern im Februar nächsten Jahres an einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung vorlegen. Die Ortsplanungsrevision beinhaltet den neuen Zonenplan und auch das neue Baureglement.Gleichzeitig haben wir auch einen Richtplan Verkehr erarbeitet. Ein Hauptthema dabei ist die Situation am Bahnübergang, wo die Schranke seit dem Fahrplanwechsel mit dem Halbstundentakt noch häufiger geschlossen ist. Zusammen mit der SBB arbeiten wir an einer Studie zur Schaffung einer Unterführung für den Langsamverkehr. Für den motorisierten Verkehr sehen wir im Moment aber keine Lösung. 

Als Gemeindepräsident wird man oft auch ausserhalb seiner Arbeitszeiten, nach Feierabend oder an Wochenenden, angesprochen. Wie gehen Sie damit um? 

Bosshard: In der Freizeit hat mich bisher noch nie jemand konkret kontaktiert, um ein Problem zu besprechen. An öffentlichen Anlässen wird man schon mal angesprochen, das sollte aber auch so sein. Je nach Thema kann dann auf einen Termin während der Arbeitszeit verwiesen werden. 

Was lieben Sie besonders an Ihrer neuen Tätigkeit? 

Bosshard: Die Vielseitigkeit und generell die Zusammenarbeit mit ganz unterschiedlichen Leuten. Es ist mir wichtig, die Bedürfnisse verschiedener Interessenträger abzuholen, Verständnis für einander zu schaffen und gemeinsam den besten Konsens zu finden. Das ist allerdings nicht immer ganz einfach. Hilfreich und wichtig sind auch die Fachgespräche mit anderen Gemeindepräsidenten. Im AachThurLand sind wir gut vernetzt. 

Gemeindepräsident war wohl kaum Ihr Berufswunsch als Kind. Verraten Sie uns zum Schluss noch, wovon Sie in Ihrer Kindheit träumten? 

Bosshard: Ich hatte nie einen expliziten Traum, was die Berufswahl anbelangt. Dafür war Sport, wie Leichtathletik und Faustball, in meiner Jugend sehr prägend. Während der Berufswahlphase wusste ich anfangs auch nicht, was ich machen wollte. Ich entschied mich dann, einen elektromechanischen Beruf zu erlernen und darauf mit gezielter Weiterbildung aufzubauen. Ein Entscheid, den ich nie bereut habe, ich würde es auch heute wieder so machen.

Interview: Hannelore Bruderer