Freitag, 10. Januar 2025

Schönenberg. Der Neujahrsapéro der Gemeinde Kradolf-Schönenberg ist ein Publikumsmagnet. So auch am 2. Januar, als fast 250 Personen, von jung bis alt, ins Restaurant Klein Rigi kamen. Ein wichtiger Gast jedoch musste die Veranstaltung hastig verlassen.

Es hat Tradition, dass der Neujahrsapéro der Thurbrugg-Gemeinde im Restaurant Klein Rigi stattfindet. Selbstverständlich ist dieser besondere Ort hoch oben über den Dächern der Dörfer immer einen Besuch wert. Das stilvolle Ambiente des schloss­ähnlichen Gebäudes, die kompetente, unaufdringliche Bewirtung sowie die umwerfende Aussicht tragen zur Attraktivität des von der Gemeinde organisierten Anlasses bei. Doch das ist lange nicht alles: Die Gäste schätzen es, zum Jahresanfang als Gemeinschaft zusammenzukommen, sich zu treffen, gute Gespräche zu führen und miteinander anzustossen, um mit einem positiven Gefühl ins neue Jahr zu starten. 

Angeregte Unterhaltungen
Nicht wenige kamen an diesem Donnerstagmorgen zu Fuss zum Apéro. Ab 10.30 Uhr füllte sich der Rigisaal kontinuierlich. Eine halbe Stunde später schon stand man dicht gedrängt, während die Lautstärke dank der angeregten Unterhaltungen einen beachtlichen Pegel annahm – eine gute Gelegenheit, um die Runde zu machen, bekannte Gesichter zu treffen oder neue kennenzulernen.
Susanne Koller-Langer genoss das Flair mit ihrer Nichte Martina vor den Aussichtsfenstern. Sie wohnt seit 34 Jahren in Kradolf und kann sich nicht erinnern, dass der Neujahrsapéro in der Vergangenheit woanders stattgefunden hätte. «Das Klein Rigi jedoch hat sich gewandelt», erzählte sie. «Früher war das hier ein Dancing. Da wurde im Tanzsaal gefeiert.» Und schon waren die nächsten guten Wünsche zu hören: «Hebet Sorg!», und «Guets Neus!». Die Gläser klirrten. 

Prominente Gäste
Einen Stehtisch weiter kümmerte sich Melanie Gnägi-Maurer um den wohl jüngsten Gast des Tages: ihre eineinhalbjährige Tochter Anna. Die Mutter war, wie viele andere, mit Familie da und ist als Mitglied der evangelischen Kirchenvorsteherschaft eine Frau, die sich auch sonst fürs Gemeinwohl einsetzt. Rund 50 Vereine gibt es in der Gemeinde Kradolf-Schönenberg. Der Grossteil der Angesprochenen bekleidet ein Amt oder engagiert sich ehrenamtlich, egal, ob jung oder alt. Melanie Gnägi-Maurer war als ehemalige Apfelkönigin zudem eine der prominenteren Gäste. Aus der Politik beispielsweise waren Regierungsrat Walter Schönholzer und Ständerat Jakob Stark vertreten.
«Für mich ist dieser Anlass eine gute Gelegenheit, um privat mit Behördenmitgliedern in Kontakt zu treten», verriet ein Senior, der zusammen mit einem alten Freund ein paar Meter weiter stand. Dass es manche auch aus Verbundenheit zum Neujahrsapéro zieht, bewies sein Tischnachbar: «Ich bin hier aufgewachsen, aber wohne schon seit Jahren in Romanshorn», sagte der FC-KS-Sulgen-Fan. Und dass so ein Anlass auch einfach Spass macht, betonte Cornelia Segessemann. «Ich freue mich darüber, Freunde zu treffen oder Menschen, die ich sonst nicht so oft sehe das Jahr über.»

Denkanstösse
Dann begann die musikalische Unterhaltung mit dem lokalen Quartett «four for you». Die vier Sänger begeisterten das Publikum mit ihrem Können, ihrer Ausstrahlung und ihrer Show. Zu hören waren unter anderem Evergreens wie «Mein kleiner grüner Kaktus». Mittelpunkt der Veranstaltung war die Rede des Gemeindepräsidenten Heinz Keller, der sich hocherfreut zeigte über den grossen Andrang. Er gab einen Rück- sowie Ausblick; im Anschluss unterhielt er die Gäste mit humorvoll formulierten Denkanstössen. So wurden 19 Gemeinderatssitzungen im 2024 abgehalten, dabei 315 Geschäfte behandelt. Die Gemeinde wächst, Bauprojekte prägen das Gesicht der Ortschaften neu. «Wachsen wir zu schnell?», fragte der Gemeindepräsident angesichts einer Zuwachsrate von rund 5 Prozent, erwähnte aber auch die positiven Effekte der regen Bautätigkeit wie Arbeits- oder Ausbildungsplätze. Oder Attraktivitätssteigerung, etwa durch den im Frühjahr eröffneten Pumptrack in Schönenberg. Im neuen Jahr stünden zahlreiche Projekte an, so Keller. Darunter bereits bewilligte wie die Umstellung der Strassenbeleuchtungen auf LED, ideelle Vorsätze wie stärkere Mitwirkung der Bevölkerung oder personelle Neuerungen. Im Mai wird ein Nachfolger für Gemeinderat Max Staub gewählt und die Gemeinde sucht einen neuen Kioskbetreiber und Bademeister fürs Schwimmbad, um nur einige Punkte aus seiner Rede zu nennen. Herzhafte Lacher erntete Gemeindepräsident Keller, als er aus dem Ratgeber «Faustregeln» zitierte, einem Buch, das er als Weihnachtsgeschenk erhalten hat. Aber es gab auch Ernstes: Einer der Leitsätze daraus lautet, sich nicht zu stark über seine Arbeit zu identifizieren. Natürlich spiele Hingabe bei jedem Job eine grosse Rolle, aber auch die Fähigkeit, sich abzugrenzen und auf sich selbst zu achten. Das wirkliche Leben laufe in der Familie und im Freundeskreis ab, so Keller.

Engagement geehrt
Während die Gemeinde im vergangenen Jahr den Kunstmaler Willi Oertig aus Kradolf für sein Schaffen ehrte, galt Kellers Dank im Namen des Gemeinderates in diesem Jahr allen, die sich für die Allgemeinheit einsetzen, sprich: engagierten Bürgerinnen und Bürgern. «Dank euch ist Kradolf-Schönenberg eine attraktive Gemeinde», richtete er seine wertschätzenden Worte an alle Anwesenden. «Danke für euren tollen Einsatz. Ich wünsche euch ein erfolgreiches, ereignisreiches und vor allem gesundes 2025.»
So endete ein wundervoller Neujahrs­apéro mit optimistischen Worten. Die Gäste blieben und genossen Häppchen und Getränke. Einer hatte das Fest jedoch schon vorher hastig verlassen: Feuerwehrkommandant Leo Langhart. Der Grund war ein Wasserschaden in Sulgen; Sirenen drangen aus dem Tal nach oben in den Festsaal. Am Nachmittag gab es sogar einen kleinen Brand. Da wurde klar: Am Fest wurde der Dienst an der Allgemeinheit geehrt. Doch im Ernstfall geht der Dienst vor. 

Stefan Böker