Freitag, 27. Oktober 2017
Sulgen. Die Dampflokomotive C 5/6 2969 des Vereins Eurovapor ist fünfzig Jahre nach ihrer Ausserbetriebsetzung wieder zurück auf den Schienen. Ihre erste grosse Publikumsfahrt verlief nicht ganz reibungslos.
Noch vor der offiziellen Einweihung stand die frisch renovierte Dampflokomotive C 5/6 2969 des Vereins Eurovapor am Wochenende für eine Publikumsfahrt über den Gotthard im Einsatz. Zusammen mit der zweiten noch verbliebenen funktionstüchtigen Dampflok des gleichen Bautyps, die der Stiftung SBB Historic gehört, zog sie am Samstag rund ein Dutzend vollbesetzte historische Wagen über die Bergstrecke. Von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) in Winterthur für den Schnellzug- und Güterverkehr am Gotthard gebaut, waren die C 5/6 die grössten Dampflokomotiven der SBB. Sie erhielten deshalb den Übernamen «Elefant».
Beliebtes Sujet
Bevor es auf den Gotthard ging, musste die Lokomotive C 5/6 2969 am Freitag von ihrem Standort, der Lokremise in Sulgen, nach Erstfeld gefahren werden. Noch in der Nacht wurde sie von den Mitgliedern der Eurovapor für das Abenteuer Gotthard vorbereitet. «Da die Lok von der Probefahrt am Vortag noch warm war, wurde mit dem Anheizen erst morgens um 3 Uhr begonnen», erklärte Johann Gröbli, der technische Leiter der Eurovapor, interessierten Fahrgästen. Voller Temperament zischend, dampfte der 101-jährige Stahlkoloss mit seinen Wagen dann kurz vor 10 Uhr auf Gleis 3 im Bahnhof Sulgen ein, wo die ersten Gäste zur Sonderfahrt einstiegen. Nebst den Fahrgästen hatten sich dort auch schon einige der vielen Hobbyfotografen eingefunden, die dem Zug auf der Jagd nach dem besten Schnappschuss den ganzen Tag folgten. «Noch lieber als auf dem Feld am Fotografieren hätten wir diese Leute als Fahrgäste in unseren Zügen», meinte Hansueli Kneuss, der für den Reisedienst der Eurovapor zuständig ist. Denn der Verein finanziert sich zum Teil aus den Einnahmen aus den Sonderfahrten. Da auf allen Bahnhöfen auch viele Passanten, nachdem ihr ungläubiges Staunen einem breiten Lächeln gewichen war, eiligst ihre Mobiltelefone zückten, war die C 5/6 2969 am letzten Freitag vermutlich eines der meistfotografierten Sujets der Schweiz.
Erlebnis für alle Sinne
Die Sonderfahrt führte über Winterthur, Brugg, Arth-Goldau nach Schwyz. Dort war für die Passagiere Endstation, da der Zug anschliessend als Dienstfahrt nach Erstfeld geführt wurde. Doch bis es so weit war, genossen die Reisenden die Fahrt durch die Landschaft des Mittellandes, vorzugsweise mit dem Kopf am offenen Wagenfenster, dem unverwechselbaren Klang der Lokomotive im Ohr und dem Kohlenduft in der Nase. Nach mehreren Zwischenhalten gab es im Bahnpark Brugg für die Crew und die Fahrgäste am späteren Nachmittag eine längere Verpflegungspause. Zur Fütterung des «Elefanten» wurde Kohle gebunkert und Wasser nachgefüllt. Zuvor war die Lokomotive auf der Drehscheibe für die Weiterfahrt gewendet worden. Im Bahnpark stand die Dampflokomotive «Limmat» – den meisten besser bekannt als «Spanisch-Brötli-Bahn» – für eine Inspektion gerade unter Dampf. Die kleine «Limmat», ein originalgetreuer Nachbau der ersten Lokomotive der Schweiz aus dem Jahr 1947, posierte dann zur Freude der anwesenden Fotografen neben dem grossen «Elefanten».
«Elefant» nimmt Schaden
Den ersten Teil der Publikumsfahrt hatte die C 5/6 2969 problemlos gemeistert. «Wenn es so weiter geht, sind wir mehr als zufrieden», sagte Johann Gröbli. Sein Wunsch ging nicht ganz in Erfüllung. In einem Kehrtunnel oberhalb von Faido kam es am Samstag zu einem Defekt an einem Triebstangenlager. Die Sonderfahrt musste ohne die Lokomotive der Eurovapor fortgeführt werden. Der Schaden wird nun vor Ort repariert, so dass die C 5/6 2969 so bald wie möglich wieder nach Sulgen zurückkehren kann.
Hannelore Bruderer