Freitag, 11. Oktober 2024
Kradolf. Die beiden Bürgler Sandra Wey und Jimmy Walker besprayen in Kradolf seit zwei Jahren die Wände der ehemaligen Tonfabrik Dünner mit farbenfrohen Motiven.
Wer mit dem Zug durch Kradolf fährt, dürfte sie schon gesehen haben, die farbenfrohen Graffitis, die die Aussenwände der ehemaligen Tonwarenfabrik Dünner zieren. Neben einer mysteriösen Eule sind ein Hase, der deutsche Rapper Sido, eine schwimmende Schildkröte oder die Comicfiguren Bart und Lisa Simpson abgebildet. Weiter werden Passanten dazu aufgefordert, nicht am Graffiti zu lecken, während es die Frau auf dem Bild gerade tut.
Bewilligung liegt vor
Erschaffen wurden die Wandbilder von der Bürglerin Sandra Wey und ihrem Lebenspartner Jimmy Walker. Seinen Lebensunterhalt verdient sich das Paar als Coiffeuse und Netzelektriker. Wenn sie aber ihre Beanies aufziehen, in ihre farbverschmierten Klamotten steigen und zu Spraydosen greifen, werden sie zu den Künstlern «Sweya» und «Döze», die Graffitis sprayen. Im Gegensatz zu Graffitis, die illegal auf Bahnwaggons, in Unterführungen oder auf Hauswänden angebracht werden, verfügen Sandra Wey und Jimmy Walker über die Bewilligung der Eigentümer der Liegenschaft. «Auch die Gemeinde und die SBB haben ihren Segen gegeben», erklärt Sandra Wey und Jimmy Walker betont: «Wir sind auch die einzigen, die hier legal sprayen dürfen.»
In Graubünden verbreitet
Jimmy Walker stammt aus Graubünden, wo schon seit längerer Zeit Wände bestehen, die Graffiti-Künstler legal bearbeiten dürfen. Der Wunsch, dies auch im Thurgau tun zu können, führte das Paar nach Kradolf zu dem Gebäude, auf dem sich zuvor illegale Graffitis befanden. Manchmal kommt es vor, dass Sandra Wey und Jimmy Walker während ihrer Arbeit Besuch von der Polizei bekommen. «Dann müssen wir uns ausweisen und beweisen, dass wir die beiden mit der Bewilligung sind», erklären sie lachend. Aber auch weitere Passanten interessieren sich für die Graffitis des Paares. «Es entstehen oftmals schöne Gespräche und wir erhalten gute Feedbacks», sagt Sandra Wey. Dennoch sei zu spüren, dass Geschmäcker verschieden sind. «Während einige sich wünschen würden, dass ein Bild bestehen bleibt, freuen sich andere darauf, dass eines übersprayt wird und etwas Neues entsteht», sagt Sandra Wey lachend. Da der Platz beschränkt ist, ist es unumgänglich, dass etwas Altes weichen muss, auch wenn es sie manchmal schmerzt. «Dann haben wir ja immer noch ein Foto davon», sagt Jimmy Walker. Für ihre Graffitis lassen sich die 31-Jährige und ihr drei Jahre jüngerer Partner in der Natur, bei der Ausübung ihrer Hobbys oder im Alltag inspirieren. Wenn ein Motiv steht, wird ein altes Bild mit Fassadenfarbe übermalt und erneut zu Spraydosen gegriffen. Die Ambition, das Sprayen zum Beruf zu machen, besteht bei Sandra Wey und Jimmy Walker nicht. Dennoch nehmen sie hin und wieder gerne einen Auftrag an, um einer tristen Wand zu neuem Glanz zu verhelfen.
Monika Wick