Freitag, 6. September 202

Sulgen. Am Samstag feierte die Pfadi Buchenberg ihr 75-jähriges Bestehen. Der Anlass führte aktive und ehemalige Pfadfinderinnen und Pfadfinder zusammen und bot die Gelegenheit, in Erinnerungen zu schwelgen.

Dass die Pfadi Buchenberg am letzten Samstag keine herkömmliche Übung durchführte, war auf den ersten Blick zu erkennen. Eine mit Kreide auf die Strasse geschriebene Botschaft lenkte Autofahrer zum Parkplatz, aus einem Pizzaofen stieg Rauch in den Himmel und eine Festwirtschaft lud zum Verweilen ein. Mehr noch – unter einem Baum neben dem Pfadiheim befand sich eine Leseecke, die dazu einlud, in Büchern und Zeitschriften zu schmöckern, die die Geschichte der Pfadiabteilung Revue passieren liessen. 

Abteilungsleiter «Hirsch»
Grund für den Aufwand, den die Pfadi Buchenberg betrieb, ist das 75-jährige Bestehen der Jugendorganisation. Eigentlich begann die Geschichte der Pfadi Buchenberg aber schon etliche Jahre zuvor. «In Archivunterlagen von Pfadi Thurgau wurde die Pfadi Sulgen 1920 erstmals erwähnt», steht in der Chronik geschrieben, die die Pfadfinderinnen und Pfadfinder ebenfalls zusammengetragen haben. Infolge Wegzugs des Leiters wurde diese bereits drei Jahre später wieder geschlossen. Um das Jahr 1945 begannen sich die Knaben aus Riedt, Sulgen, Kradolf und Schönenberg wieder für die Pfadi zu interessieren und schlossen sich der bereits bestehenden Pfadiabteilung in Bürglen an. Infolge des stetigen Wachstums der Mitgliederzahl wurde das Sulger Fähnli «Wolf» gegründet, kurze Zeit später kam das Fähnli «Igel» mit Jungen aus Kradolf und Schönenberg hinzu. Innerhalb der Pfadiabteilung Bürglen bildeten diese den «Stamm Sulgen». 1949 wurde der Sulger Pfader Ernst Blaser alias «Hirsch» zum Abteilungsleiter gewählt. Nachdem Ernst Blaser im gleichen Jahr den Mitgliederbestand der «Pfadfinderabteilung Bürglen-Sulgen» an die kantonale Stelle meldete, wurde die Abteilung ohne eigentliche Gründerversammlung geboren. «Im Jahr 1953 werden die Sulger Pfader vom Elternrat Bürglen in die lang ersehnte Freiheit entlassen», steht weiter in der Chronik geschrieben. In den Anfangszeiten trafen sich die Pfader im Musikzimmer im Schulhaus Oberdorf. Später stellte das Baugeschäft Isler den Pfadfindern eine Baubaracke zur Verfügung, in der sie die «Pfadibude Sulgen» einrichteten. Nach Zwischenhalten in einer Scheune und einem Hühnerstall erstanden die Pfader vom Baugeschäft Guerra eine Baubaracke, die fortan als Vereinslokal und Treffpunkt für die Dorfjugend diente. 1968 musste die Baracke vom Areal der Firma Guerra weichen und wurde auf den Sulger Springplatz verschoben, ganz in der Nähe des heutigen Standorts, der im September 1991 eingeweiht wurde. 

Lebensschule Pfadi
Einer, der schon beim Zügeln der Baubaracke dabei war, ist Hans Müller. Am Samstag schlenderte er mit Tochter Helen durch die Ausstellung und liess Erinnerungen aufleben. «Offiziell war ich nie in der Pfadi, habe aber immer meine Brüder begleitet», erzählte er lachend und führte aus, wie sie damals die Baracke zum Bestimmungsort transportiert hatten. Zur Jubiläumsfeier hatte er zudem einen Film mitgebracht, den er 1968, beim dritten Flossrennen der «Roverrotte», aufgenommen hatte. Die Freude am Pfadileben hat Hans Müller an Helen weitergegeben. Erst besuchte sie die Mädchenpfadi in Bürglen und leitete später die «Wölfli» in Sulgen. «Viele von denen, die heute aktiv sind, waren bei mir in der Gruppe», erklärte sie und liess den Blick zu den Kindern und Jugendlichen schweifen, die gerade die ihnen gestellten Aufgaben bewältigten. An ihrer aktiven Zeit haben ihr besonders die gemeinsamen Aktivitäten in der freien Natur gefallen. Noch heute verbringt sie alle zwei Jahre mit Familie und Freunden einen «Alt-Pfadi-Familien-Tag». Svenja Bühler alias «Happy» begutachtet die vielen verschiedenen Halstücher, die rund um das Pfadiheim aufgehängt wurden. «Wenn wir in Lagern waren, haben wir diese immer untereinander getauscht», erklärte sie. Rund zehn Jahre besuchte Svenja Bühler die Pfadi, erst mit dem Beginn der Lehre gab sie sie auf. Besonders gefallen haben ihr neben den Freundschaften die Lager und das Erlernen praktischer Dinge. «Die Pfadi lehrt fürs Leben», fasste sie zusammen. Das Jubiläumsfest nutzte sie, um ihrem Sohn Marlon das Pfadileben näherzubringen.
Auch Philipp Bührer bezeichnet die Pfadi als Lebensschule. «Man lernt beispielsweise Erste Hilfe, Karten lesen, kochen sowie den Bezug und den Umgang mit der Natur», sagte der Bürgler. Nicht ausser Acht liess der den Umstand, dass man in der Pfadi früh lernt, Verantwortung zu übernehmen. Philipp Bührers Jahrgang wurde erst mit 20 Jahren volljährig. «Bereits davor fuhr ich Auto und war Pfadileiter», erzählte er. Noch heute engagiert er sich im Altpfaderverein und revidiert mit Fredy Schweizer die Rechnung der Pfadi Buchenberg. «Die Hauptmotivation des Organisationskomitees war es, alle zusammenzubringen, die etwas mit der Pfadi Buchenberg zu tun hatten, um gemeinsam in vergangenen Zeiten zu schwelgen», erklärte OK-Mitglied Tabea «Quasli» Bruggmann. Der Plan schien aufgegangen zu sein. Am Abend trafen sich rund 130 Personen zum Festakt und zum geselligen Zusammensein, inklusive dem Austausch von Geschichten. 

Monika Wick