Freitag, 30. August 2024
Sulgen. Das gemeinsame Ärztezentrum für die Gemeinden Sulgen und Erlen nimmt Gestalt an. Die nötigen Umbauarbeiten im Migros-Gebäude an der Hauptstrasse in Sulgen haben begonnen.
So langwierig und beschwerlich die Planungsphase bisweilen war, so zügig wird jetzt an der Umsetzung jenes Projekts gearbeitet, das die heutige medizinische Unterversorgung in den Gemeinden Sulgen und Erlen beenden soll. Das erste Obergeschoss der Liegenschaft Hauptstrasse 3 (Migros-Gebäude) in Sulgen ist seit Kurzem eine Baustelle: Eine 3½- und eine 4½-Zimmer-Wohnung sowie ein Gewerberaum werden durch bauliche Massnahmen so umgestaltet, dass mit Beginn des kommenden Jahres das Ärztezentrum AachThurLand den Betrieb aufnehmen kann. Auf rund 300 Quadratmetern entstehen sechs Untersuchungszimmer, zwei Multifunktionsräume, ein Notfallzimmer, ein Röntgenzimmer und eine Apotheke mit Apothekenroboter. Neu erstellt werden muss lediglich an der nördlichen Fassade ein Anbau für einen Multifunktionsraum und ein Wartezimmer.
Meilenstein gesetzt
Bauherrin ist die Ärztezentrum Aach-ThurLand AG, Aktionäre sind die beiden politischen Gemeinden (je 40 Prozent) und Dr. med. Daniel Mock (20 Prozent). Präsidiert wird der Verwaltungsrat vom Erler Gemeindepräsidenten Thomas Bosshard, als Vizepräsident fungiert sein Sulger Amtskollege Andreas Opprecht. Komplettiert wird das Gremium von der Erler Gemeinderätin Nicole Fischer und vom Sulger Gemeinderat Werner Herrmann sowie von Daniel Mock, der auch als leitender Arzt vorgesehen ist.Der entscheidende Meilenstein auf dem Weg zum Ärztezentrum wurde im November 2023 gesetzt. Damals gaben die Gemeindeversammlungen von Sulgen und Erlen grünes Licht, indem sie je einen Kredit von 980 000 Franken bewilligten. Dabei handelt es sich um zwei Darlehen, welche die Ärztezentrum AachThurLand AG an die Gemeinden zurückzahlen muss. Weitere finanzielle Verpflichtungen seitens der beiden Gemeinden gibt es nicht. Verwendung findet das vom Souverän bewilligte Geld für die Inneneinrichtung (je 390 000 Franken) und für den Aktienerwerb (je 40 000 Franken), während die verbleibende Summe in den Umbau investiert wird. Kosten- und zeitmässig sei man «bis jetzt auf Kurs», versichern Bosshard und Opprecht übereinstimmend. Mit der Standortfrage und der Rekrutierung von Ärzten galt es zwei entscheidende Herausforderungen zu bewältigen. Beides ist gelungen. «In Sulgen haben wir eine ideale Lösung gefunden, die in beiden Gemeinderäten auf Akzeptanz gestossen ist», erklärt Opprecht. In Erlen hätte man einen Neubau errichten müssen, gibt er zu bedenken. Ein Umbau sei schneller und kostengünstiger zu realisieren. Die Grundstrukturen würden nach Möglichkeit nicht angetastet; Ziel sei es, den Betrieb in den bestehenden Räumlichkeiten aufzunehmen. Diese werden laut Opprecht von der Migros Ostschweiz zu einem marktüblichen Preis vermietet. Man habe einen Vertrag über zehn Jahre mit Option auf Verlängerung abgeschlossen.
Anspruchsvolle Aufgabe
Was die Suche nach Ärzten anbelangt, sagt Bosshard: «Das war trotz vorhandenem Interesse eine anspruchsvolle Aufgabe, denn für uns war es ein wichtiges Kriterium, dass die Personen, welche wir engagieren, miteinander harmonieren und gut ins Team passen.» Eine gewisse Rolle habe auch die Regionalität, sprich die Herkunft der Bewerber gespielt. Grosse Mentalitätsunterschiede wolle man im Hinblick auf einen problemlosen Betrieb und eine breite Akzeptanz auf Seiten der Patienten vermeiden. Laut Bosshard kann in der Startphase die Unterstützung durch die PraxaMed Center AG in Anspruch genommen werden. Beginnen möchte man im Laufe des ersten Halbjahrs mit 250 Stellenprozenten, welche sich auf drei Ärzte und eine Ärztin verteilen: Dr. Daniel Mock (100 Prozent) aus Schönenberg, Dr. Beat Grossenbacher (40 Prozent) aus Erlen, Dr. Michael Necke (60 Prozent) aus Radolfzell und Dr. Babett Csoka (50 Prozent) aus Bürglen. Spätestens Mitte 2025 soll das Quartett vollzählig seinen Dienst in Sulgen versehen. Somit hat das Ärztezentrum genug Kapazitäten, auch neue Patienten aufzunehmen. Für die Funktion der leitenden Medizinischen Praxisassistentin konnte Sarah Zamboni aus Weinfelden verpflichtet werden. Als Endziel nennt Bosshard ein Ärztezentrum, das ganzjährig an fünf Tagen geöffnet ist und eine medizinische Grundversorgung der Bevölkerung mit insgesamt 300 Stellenprozenten anbieten kann. Arbeitgeberin für das gesamte Personal wird die Ärztezentrum Aach-ThurLand AG sein. Den Umstand, dass in der Nachbargemeinde Kradolf-Schönenberg in absehbarer Zeit eine gleiche Einrichtung entstehen wird, beurteilen Bosshard und Opprecht durchwegs positiv. Neid oder Konkurrenzdenken gebe es nicht. Nutzniesser dieser Entwicklung werde die Bevölkerung sein, sind sie überzeugt, und verweisen dabei auf die Tatsache, dass sich die Anzahl an Arztpraxen in den drei Gemeinden innerhalb von nur zehn Jahren von sieben auf vier reduziert hat. Es bestehe also Handlungsbedarf.
Georg Stelzner