Freitag, 19. August 2022

Berg. Bei der Jagdhütte in Berg zeigte das Veterinäramt des Kantons Thurgau auf, wie es einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest entgegentreten will. Eine zentrale Rolle spielt dabei eine speziell ausgebildete Hundestaffel.

Varik schnüffelt sich zwischen den eng stehenden Tannen hindurch. Die Menschen, die ihm dabei zusehen, interessieren ihn nicht, denn er hat ein verendetes Wildschwein gewittert. Varik ist einer von fünf Hunden, die im Thurgau derzeit zu einem ASP-Spürhund ausgebildet werden. ASP steht für Afrikanische Schweinepest. Nun hat Varik die zuvor ausgelegte Wildschweinschwarte gefunden. Peter Höltschi kniet bei seinem Hund nieder, lobt ihn und gewährt ihm eine kurze Pause, dann geht die Suche nach den nächsten zwei ausgelegten Ködern weiter. 

Für Menschen ungefährlich

«Die ASP ist eine ansteckende virale Tierseuche, die Tiere der Schweinegattung befällt. Infizierte Haus- und Wildschweine sterben innert weniger Tage daran», erklärt die stellvertretende Kantonstierärztin Malin Engeli. Andere Wild- und Haustierarten erkranken nicht an ASP. Auch für Menschen ist das Virus ungefährlich, selbst der Verzehr von kontaminiertem Schweinefleisch ist völlig unbedenklich. Die Seuche breitet sich von Osten kommend in Europa aus. Fälle sind aus Norditalien sowie den deutschen Bundesländern Baden-Württemberg und Niedersachsen bekannt. «In der Schweiz hatten wir bisher noch keinen ASP-Fall», sagt Engeli. Die Frage sei aber nicht ob, sondern wann es zu einem ersten Ausbruch komme. Der Kanton Thurgau ist als Grenzkanton mit seinen relativ hohen Haus- und Wildschweinbeständen besonders gefährdet. Entsprechend bereitet sich das kantonale Veterinäramt sowie auf Stufe Bund das für die Tierseuchenprävention und -bekämpfung zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) vor. 

Eine Unachtsamkeit genügt

Die Übertragung der Krankheit erfolgt durch direkten Kontakt zwischen infizierten Tieren via Körperflüssigkeiten (Blut, Sperma, Sekrete), aber auch durch die Aufnahme von kontaminierten Speiseabfällen oder Schweinefleischerzeugnissen. «Bereits ein weggeworfenes Sandwich mit kontaminiertem Schweinefleisch kann so in die Natur gelangen und einen Ausbruch der Krankheit bei Wildschweinen erzeugen», sagt die Kantonstierärztin. Ist ein Tier infiziert, wirkt es oft apathisch, hat Fieber und verendet in der Regel rasch. Bis heute gibt es weder einen Impfstoff noch eine Behandlung, um ASP zu heilen. Aber auch daran werde in verschiedenen Laboratorien der Welt gearbeitet, sagt Malin Engeli. 

Informieren und vorbeugen

Zu den Präventionsmassnahmen des Kantons Thurgau gehören unter anderem Informationstafeln, die an Parkplätzen in Waldesnähe angebracht sind. Bricht ASP aus, so wird in erster Linie versucht, dass die Krankheit nicht von den Wildschweinen auf Hausschweine übertragen wird. Was für die ASP-Hundestaffel derzeit im Wald Training ist, wird dann zum Ernstfall. Rund zehn Kilometer um die Ausbruchsstelle wird ein Jagdverbot verhängt. In diesem Kontrollgebiet wird die Hundestaffel dann nach infizierten Wildschweinkadavern suchen. Die aufgefundenen Kadaver werden geborgen und fachgerecht entsorgt. Für ihre Arbeit werden die Hunde mit GPS-Sendern ausgestattet, so kann kontrolliert werden, ob überall abgesucht worden ist. Ziel ist, dass sich die Seuche nicht auf ein grösseres Gebiet ausdehnt und im definierten Radius bekämpft werden kann. «Aus Erfahrung weiss man, dass die Bekämpfung eines Ausbruchs rund zwei Jahre dauern kann», erklärt die Tierärztin.

Erfahrene Hundeführer

Hans Döbeli aus Aarau leitet die Ausbildung der ASP-Suchhunde in verschiedenen Kantonen. Gut einmal im Monat fährt er in den Thurgau, um eine Trainingseinheit zu leiten. Zwischen diesen Einheiten trainieren die Hundeführer, die allesamt Jäger sind und die Gepflogenheiten im Wald bestens kennen, als Team zwei- bis dreimal pro Woche für sich. Die Staffel, die derzeit in Ausbildung ist, wird im Herbst einsatzbereit sein. Weitere Hunde werden ausgebildet. Die Zusammenarbeit zwischen dem Kanton und den am Projekt Beteiligten ist über eine Leistungsvereinbarung geregelt. «Die Ausbildung dauert rund ein halbes Jahr. Ideal zur wirksamen Bekämpfung eines Seuchenausbruchs wäre es, wenn wir pro Kanton fünf bis acht Staffelpaare hätten», sagt Hans Döbeli. «Grundsätzlich eignen sich alle Hunderassen zum ASP-Suchhund. Wichtig sind der Arbeitswille und die Kondition des Hundes sowie seine Bindung zum Hundeführer.» 

Hannelore Bruderer